Eine Trennung bedeutet oft einen emotionalen Ausnahmezustand. Die gemeinsame Zukunft, auf die man hingearbeitet hat, löst sich auf. Neben persönlichen und organisatorischen Herausforderungen kommt häufig noch ein komplexes Thema dazu: der Verkauf der gemeinsamen Immobilie. Besonders heikel wird es, wenn es um den Preis geht. Denn während Käufer rational denken und möglichst günstig kaufen wollen, mischen sich bei getrennten Eigentümern oft Verletzung, Stolz und Unsicherheit in den Verkaufsprozess.
Gerade in der Preisverhandlung ist jedoch Sachlichkeit gefragt. Wer hier kühlen Kopf bewahrt, trifft bessere Entscheidungen, verhindert unnötige Konflikte – und erzielt am Ende meist auch den besseren Verkaufspreis. Doch wie schafft man es, bei so viel innerem Aufruhr und gemeinsamem Besitz ruhig zu bleiben? Der folgende Beitrag zeigt, wie man sich strukturiert vorbereitet, typische Fallstricke vermeidet und mit klarem Blick in die Verhandlung geht – selbst wenn die Situation zwischen den Eigentümern angespannt ist.
In normalen Verkaufssituationen ist die Preisverhandlung ohnehin ein Balanceakt. Verkäufer wollen einen möglichst hohen Preis erzielen, Käufer möglichst wenig bezahlen. Doch bei einem Immobilienverkauf nach einer Trennung kommen weitere Herausforderungen dazu:
Emotionale Verbindung zur Immobilie
Das Zuhause ist nicht nur ein Objekt, sondern ein Ort voller Erinnerungen. Viele Entscheidungen im Gespräch fallen daher nicht objektiv, sondern emotional.
Unterschiedliche Interessen der Eigentümer
Oft haben beide Parteien andere finanzielle Vorstellungen, Prioritäten oder Zeitpläne – was den Verhandlungsprozess erschwert.
Kommunikationsprobleme
Wenn bereits Misstrauen oder Ärger im Raum stehen, fällt es schwer, gemeinsam und sachlich aufzutreten – besonders vor Interessenten.
Vermeintlicher Zeitdruck
Käufer spüren oft die angespannte Lage und nutzen diese gezielt aus, um den Preis zu drücken – etwa mit Sätzen wie „Dann habt ihr das Thema wenigstens schnell vom Tisch.“
Wer sich dieser Fallstricke bewusst ist, kann sich gezielt darauf vorbereiten – und mit Struktur und Klarheit gegensteuern.
Bevor überhaupt verhandelt wird, braucht es eine solide Grundlage. Der Angebotspreis sollte nicht aus dem Bauch heraus entschieden werden, sondern auf realistischen Daten beruhen. Dazu gehören:
Eine marktgerechte Wertermittlung (z. B. durch Sachverständige oder Vergleichsrecherche)
Ein Abgleich mit ähnlichen Objekten in der Region
Eine klare Einigung zwischen den Eigentümern über den gewünschten Mindestpreis
Nur wenn beide Seiten denselben Rahmen vor Augen haben, lässt sich eine sachliche Linie in der Verhandlung durchhalten. Wer hingegen uneinig ist, gerät schnell in Erklärungsnot – und wirkt nach außen wenig professionell.
Ein häufiger Stolperstein: Beide Eigentümer mischen sich in Gespräche ein – und senden widersprüchliche Signale. Das verwirrt potenzielle Käufer und schwächt die Verhandlungsposition. Daher empfiehlt es sich, vorab zu klären:
Wer kommuniziert mit Interessenten?
Wer führt die Verhandlungen?
Wer darf Entscheidungen treffen (z. B. Preisnachlass)?
Wenn sich einer um die Kommunikation kümmert, bedeutet das nicht, dass der andere keine Mitsprache hat. Wichtig ist nur, dass nach außen eine klare, einheitliche Stimme auftritt. Je professioneller das wirkt, desto ernster werden auch Preisforderungen genommen.
Viele Menschen unterschätzen, wie emotional aufgeladen die Preisverhandlung sein kann. Gerade nach einer Trennung liegt vieles noch offen, Verletzungen sind frisch – und das gemeinsame Haus steht für eine Zeit, die vorbei ist. Wenn dann ein Käufer das Haus bewertet, Mängel aufzählt oder den Preis kritisiert, ist die Reaktion oft emotional:
„Das ist viel mehr wert!“
„So reden Sie nicht über mein Zuhause!“
„Wir verschenken doch nicht alles!“
Doch genau in solchen Momenten zahlt sich Sachlichkeit aus. Wer ruhig bleibt, signalisiert Souveränität – und lässt sich nicht in Preisdiskussionen drängen, die auf emotionaler Ebene stattfinden. Der Trick: Immer auf Fakten verweisen. Baujahr, Zustand, Ausstattung, Lage – alles, was belegbar ist, ist verhandelbar. Emotionen, Erinnerungen oder persönliche Umstände hingegen haben in der Verhandlung keinen Platz.
Eine gute Preisverhandlung lebt von Vorbereitung. Wer klare Argumente hat, kann besser kontern – und sich souverän behaupten. Mögliche Punkte:
Zustand der Immobilie: gepflegt, modernisiert, keine dringenden Reparaturen
Lage: gute Anbindung, ruhiges Umfeld, Nähe zu Schulen oder Naherholung
Potenzial: Ausbaureserven, Garten, Keller, Garage
Vergleichsobjekte: Was kosten ähnliche Immobilien in der Region?
Diese Argumente sollten vorab gesammelt und schriftlich zusammengetragen werden. So entsteht eine sachliche Grundlage – auch dann, wenn die Stimmung angespannt ist.
Früher oder später wird jeder Käufer versuchen, den Preis zu senken. Wer darauf emotional oder überrascht reagiert, wirkt unvorbereitet. Besser ist es, Preisnachlässe strategisch einzuplanen:
Verhandlungsspielraum festlegen (z. B. 5–10 % unter dem Angebotspreis)
Klare Schmerzgrenze definieren: Welcher Preis muss mindestens erzielt werden?
Gegenleistungen fordern: Wenn der Preis sinkt, kann z. B. auf eine schnelle Kaufabwicklung oder den Verzicht auf weitere Forderungen gepocht werden
Wichtig: Nie aus der Emotion heraus plötzlich nachgeben. Wer einen Preisnachlass gibt, sollte ihn begründen – oder an Bedingungen knüpfen. So bleibt man souverän, ohne unflexibel zu wirken.
Manche Käufer nutzen gezielt provokante Bemerkungen, um Unsicherheit zu erzeugen. Aussagen wie:
„Das wird schwer zu verkaufen.“
„Sie sind sicher froh, es endlich loszuwerden.“
„Ich helfe euch, das Kapitel abzuschließen.“
Ziel ist oft, den Druck zu erhöhen. Doch wer sich davon nicht aus der Ruhe bringen lässt, stärkt die eigene Position. Die beste Reaktion: ruhig bleiben, auf Zahlen und Fakten verweisen – und keinerlei persönliche Details preisgeben. Wer Distanz wahrt, signalisiert: Es geht hier um ein Geschäft, nicht um private Angelegenheiten.
Ein häufiger Fehler: Unterschiedliche Vorstellungen zwischen den Ex-Partnern werden während des Gesprächs sichtbar. Vielleicht sagt einer: „Da könnten wir mit dem Preis runtergehen“, während der andere energisch widerspricht. Das wirkt unprofessionell und schreckt Interessenten ab.
Wichtige Grundregel: Interne Unstimmigkeiten nie vor dem Käufer austragen. Lieber eine kurze Pause einlegen oder nach dem Termin besprechen. Selbst wenn es schwerfällt – eine geschlossene Haltung erhöht die Glaubwürdigkeit.
Manche Käufer setzen auf Schnelligkeit: „Ich mach euch jetzt sofort ein Angebot – aber nur, wenn ihr gleich zusagt.“ Nach einer belastenden Trennung ist die Versuchung groß, einfach schnell abzuschließen. Doch genau hier ist Vorsicht geboten.
Ein sachlicher Umgang bedeutet: Angebote in Ruhe prüfen. Zeit nehmen, vergleichen, juristisch oder organisatorisch durchdenken. Wer sich nicht drängen lässt, wirkt kontrolliert – und trifft bessere Entscheidungen.
Nicht jeder ist ein geborener Verhandler. Und nicht jede Trennung verläuft so, dass man sich als Team aufstellen kann. In solchen Fällen kann es sinnvoll sein, eine neutrale dritte Person für die Verhandlung zu benennen. Das kann jemand aus dem privaten Umfeld sein – oder ein professioneller Verkaufsberater (nicht zwingend ein Makler). Wichtig ist, dass diese Person nüchtern, klar und verlässlich kommuniziert – und in der Lage ist, zwischen den Eigentümern zu vermitteln.
Der Verkauf einer Immobilie nach einer Trennung ist mehr als nur ein Geschäft. Es geht um Abschied, um Neuanfang – und oft auch um die letzte große gemeinsame Entscheidung. Gerade deshalb ist die Preisverhandlung eine emotionale Gratwanderung. Doch wer sich gut vorbereitet, klare Regeln aufstellt und auf Distanz zur Situation geht, schafft es, professionell und ruhig zu bleiben.
Ein sachlicher Auftritt wirkt auf Käufer überzeugend, vermeidet Konflikte mit dem Ex-Partner – und sorgt dafür, dass das gemeinsame Kapitel mit Würde und Fairness abgeschlossen werden kann.
Hinweis: Die bereitgestellten Informationen dienen ausschließlich allgemeinen Informationszwecken und stellen keine steuerliche oder rechtliche Beratung dar. Für verbindliche Auskünfte oder Entscheidungen im Zusammenhang mit rechtlichen, steuerlichen oder finanziellen Aspekten eines Immobilienkaufs wird empfohlen, eine entsprechend qualifizierte Fachperson (z. B. Steuerberater, Rechtsanwalt oder Notar) zu konsultieren.