Eine Trennung oder Scheidung bringt meist tiefgreifende Veränderungen mit sich – emotional, organisatorisch und finanziell. Wenn dann noch eine gemeinsame Immobilie im Spiel ist, wird die Situation schnell komplex. Viele Paare stellen sich in dieser Phase die Frage: Können wir unser Haus oder unsere Wohnung selbst verkaufen – ganz ohne Makler?
Die Antwort lautet: Ja, grundsätzlich ist das möglich. Doch gerade in einer emotional angespannten Zeit ist es nicht nur die Abwicklung, sondern auch das „Wie“ der Zusammenarbeit, das über Erfolg oder Misserfolg entscheidet. Denn ohne Makler erfordert ein Immobilienverkauf nicht nur Fachkenntnis, sondern vor allem eins: Vertrauen und eine funktionierende Kommunikation.
In diesem Beitrag geht es darum, was beim privaten Verkauf einer Immobilie während einer Trennung zu beachten ist – und warum das menschliche Miteinander mindestens genauso wichtig ist wie die rechtlichen und finanziellen Aspekte.
Es gibt verschiedene Gründe, warum Paare in Trennung keinen Makler einbeziehen möchten:
Kosten sparen: Die Maklerprovision kann mehrere tausend Euro betragen – je nach Verkaufswert der Immobilie.
Vermeidung externer Einmischung: Einige empfinden einen Makler als zusätzliche Person in einer ohnehin sensiblen Situation.
Kontrolle behalten: Wer alles selbst regelt, behält die volle Übersicht – über Preisverhandlungen, Interessenten und Verkaufsprozess.
Emotionale Bindung: Gerade wenn das Haus viele persönliche Erinnerungen birgt, wollen manche den Verkauf selbst begleiten – als bewussten Abschied.
Doch diese Entscheidung bringt auch Herausforderungen mit sich, die man nicht unterschätzen sollte.
Ein Immobilienverkauf ohne Makler setzt gewisse Rahmenbedingungen voraus. Dazu gehören:
Sachliche Kommunikation: Trotz Trennung müssen beide bereit sein, gemeinsam Entscheidungen zu treffen.
Kooperation: Termine, Unterlagen, Besichtigungen – der Verkauf erfordert Organisation und Abstimmung.
Wissen oder Lernbereitschaft: Wer ohne Makler verkauft, muss sich mit Marktpreisen, Verträgen, Grundbuch, Energieausweis, Besichtigungstaktik und mehr auseinandersetzen.
Zeit und Energie: Ein professioneller Verkauf nimmt viele Stunden in Anspruch – von der Vorbereitung bis zur Übergabe.
Wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, kann ein Privatverkauf durchaus erfolgreich verlaufen. Wenn nicht, droht er schnell zu scheitern – oder zumindest zur zusätzlichen Belastung zu werden.
Die wohl größte Herausforderung während eines Verkaufs in Trennung: miteinander reden.
Was im Alltag schwerfällt, wird beim Immobilienverkauf schnell zur Pflicht. Denn Entscheidungen müssen gemeinsam getroffen werden:
Zu welchem Preis wird das Haus angeboten?
Wer kümmert sich um die Fotos, Exposé, Inserate?
Wer macht die Besichtigungen?
Wie wird mit Interessenten kommuniziert?
Wie wird mit Kaufangeboten umgegangen?
Wann findet der Verkauf statt – und was passiert danach?
Ohne funktionierende Kommunikation entstehen Missverständnisse, Frust – und oft finanzielle Einbußen.
Ein gemeinsames Verkaufstagebuch (digital oder analog) kann helfen, Aufgaben zu verteilen, Notizen festzuhalten und Absprachen transparent zu dokumentieren.
Vertrauen ist in der Trennungsphase oft erschüttert. Dennoch ist es notwendig, sich beim Verkauf aufeinander verlassen zu können – zumindest in organisatorischen Dingen.
Das bedeutet:
Vereinbarungen einhalten
Informationen teilen
Keine Alleingänge starten
Entscheidungen nicht ohne Rücksprache treffen
Vertrauen in diesem Zusammenhang heißt nicht, alles zu vergeben oder wieder zueinanderzufinden – sondern, sich fair zu begegnen, damit der Verkaufsprozess gelingt.
Klare Absprachen (am besten schriftlich)
Realistische Erwartungen
Bereitschaft, Kompromisse einzugehen
Wenn beide Parteien kooperieren, kann der Privatverkauf Vorteile bringen:
Ohne Makler entfällt die Provision – je nach Region 3–7 % des Verkaufspreises.
Eigentümer kennen die Immobilie am besten und können Interessenten authentisch durch das Haus führen.
Ohne externe Koordination können Entscheidungen direkter getroffen werden – wenn das Vertrauen stimmt.
So vielversprechend der Verkauf ohne Makler klingen mag – es gibt Risiken, besonders in Trennungssituationen:
Uneinigkeit bei Preisverhandlungen: Wenn einer mehr will als der Markt hergibt, kann der Verkauf scheitern.
Unprofessionelle Vermarktung: Schlechte Fotos, unvollständige Unterlagen oder fehlerhafte Beschreibungen schrecken Käufer ab.
Fehlendes Wissen: Wer sich nicht mit rechtlichen Anforderungen auskennt (z. B. Energieausweis, Notarablauf), riskiert Verzögerungen oder rechtliche Schwierigkeiten.
Emotionale Spannungen: Der Verkaufsprozess kann alte Konflikte wieder aufbrechen lassen – besonders wenn Entscheidungen nicht gemeinsam getroffen werden.
Sich frühzeitig informieren, Aufgaben klar aufteilen, und bei Bedarf professionelle Beratung für Teilbereiche (z. B. Gutachten, Vertragsentwurf) einholen.
Hier eine grobe Übersicht, wie der Verkauf ablaufen kann – ohne Makler:
Beide müssen zustimmen, dass verkauft werden soll – und dass sie den Verkauf gemeinsam stemmen.
Ein neutrales Gutachten kann helfen, den Marktwert realistisch einzuschätzen und Streit zu vermeiden.
Grundbuchauszug, Baupläne, Energieausweis, Wohnflächenberechnung, Nebenkostenübersicht etc.
Text, Fotos, Grundrisse, Highlights – je professioneller, desto besser.
Online-Plattformen (z. B. ImmoScout, Immonet, eBay Kleinanzeigen) bieten große Reichweite.
Am besten gemeinsam planen, wer wann Termine übernimmt – oder nur einer führt durch.
Gemeinsam eine Verhandlungsstrategie entwickeln. Wer darf zusagen – und zu welchen Konditionen?
Sobald ein Käufer gefunden ist, wird ein Notar beauftragt. Der Kaufvertrag wird dort aufgesetzt und beurkundet.
Nach Zahlung des Kaufpreises erfolgt die Schlüsselübergabe, gemeinsam oder durch einen Vertreter.
Sofern die Zusammenarbeit belastet ist oder Unsicherheit besteht, kann ein Makler den Prozess vereinfachen. Ein guter Makler bringt:
Marktkenntnis und Verhandlungsgeschick
Objektive Vermittlung zwischen den Parteien
Schutz vor Fehlentscheidungen
Professionelles Netzwerk (Notare, Gutachter, Fotografen)
In manchen Fällen ist es auch denkbar, einen neutralen Makler gemeinsam zu beauftragen, der ausschließlich als Dienstleister für beide Seiten arbeitet.
Ein Immobilienverkauf ohne Makler während einer Trennung oder Scheidung ist möglich – aber nur dann sinnvoll, wenn Vertrauen, Kommunikation und Kooperation noch in einem Mindestmaß gegeben sind.
Wer ehrlich miteinander spricht, Aufgaben klug verteilt und bereit ist, sich auf den Verkaufsprozess einzulassen, kann Kosten sparen und den Weg in ein neues Leben fair gestalten.
Doch sobald Misstrauen, Unklarheit oder emotionale Spannungen den Prozess belasten, ist externe Unterstützung sinnvoll – nicht nur zur Entlastung, sondern auch, um Fehler und finanzielle Nachteile zu vermeiden.
Am Ende ist der Hausverkauf nicht nur eine organisatorische Aufgabe, sondern auch ein Akt des Loslassens. Wer diesen Schritt bewusst und respektvoll geht, schafft Raum für einen echten Neuanfang – für beide Seiten.
Hinweis: Die bereitgestellten Informationen dienen ausschließlich allgemeinen Informationszwecken und stellen keine steuerliche oder rechtliche Beratung dar. Für verbindliche Auskünfte oder Entscheidungen im Zusammenhang mit rechtlichen, steuerlichen oder finanziellen Aspekten eines Immobilienkaufs wird empfohlen, eine entsprechend qualifizierte Fachperson (z. B. Steuerberater, Rechtsanwalt oder Notar) zu konsultieren.